Veronika Shitova: Von der Journalistik in die Wirtschaftsinformatik

Veronika Shitova

2013 habe ich in Russland mein Schulabschlusszeugnis mit Auszeichnung erhalten. Im Jahre 2017 habe ich die Lomonossow-Universität in Moskau absolviert und ein Bachelordiplom (mit Auszeichnung) im Fach „Journalistik“ erworben. Aber ich hatte nie Interesse im Studium; ich dachte sogar, es sei überhaupt nicht möglich, dass man etwas gerne studiert. Ich war der festen Überzeugung, dass man einfach das hat, was man lernen soll, und es geht gar nicht darum, ob man sich im Studium wohlfühlt oder nicht.

Ich habe dann erst einmal ein Jahr lang in Moskau verschiedene Jobs angenommen, um Geld zu verdienen und etwas anzusparen. Gleichzeitig habe ich mich schon über Studienmöglichkeiten in Deutschland informiert. Es gibt in Russland eine große Internet-Community von russischen Studenten, wo ich viele Tipps gefunden habe, um mich im deutschen Hochschulsystem und auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu orientieren. Für Wirtschaftsinformatik habe ich mich zunächst aus rein finanziellen Gründen entschieden und war dann später überrascht, dass ich bei diesem Studiengang so unglaublich viel Spaß hatte.

Im September 2018 bin ich nach Deutschland gekommen und habe sofort mein Studium der Wirtschaftsinformatik an der FH Dortmund aufgenommen. In der Schule und in meinem ersten Studium hatte ich immer nur ausgezeichnete Noten, aber hier habe ich mir gesagt: „Veronika, du musst dich von deinem Perfektionismus und unrealistischen Vorstellungen bitte verabschieden! Du bist im Ausland, alles ist neu, die Sprache ist nicht mal deine Muttersprache. Du musst nicht immer 1,0 haben“. So waren meine Gedanken. Allerdings hat mir das Studium so viel Spaß gemacht, dass ich mein Bachelor-Programm mit 1,0 als Durchschnittsnote abgeschlossen habe. Ich habe natürlich viel gelernt und es war gar nicht so einfach, weil ich in Russland etwas ganz anderes studiert hatte und eigentlich nie was mit Informatik zu tun hatte.

Seit dem ersten Tag im Wirtschaftsinformatik-Studiengang hatte ich das Gefühl, dass ich endlich das gefunden habe, was ich wirklich mag. Und jetzt sehe ich ganz klar: Ja, man kann sich im Studium sehr wohl fühlen. Wahrscheinlich war Journalistik viel zu leicht und daher auch langweilig für mich, und ich war immer unbewusst auf der Suche nach etwas Anspruchsvollerem. Ich hätte nie gedacht, dass ich so unglaublich viel Spaß an solchen Lehrveranstaltungen haben würde, wie z. B. Analysis, Lineare Algebra, Statistik, Data Mining und Datenbanken. Mein ganzes Studium in Dortmund war vor allem sehr praxisorientiert: Wir haben sehr viel selbst entwickelt, von einem Online-Shop über eine Android-App bis hin zu einem Chatbot. Während des Studiums habe ich viele Freunde gefunden und konnte meine Deutschkenntnisse verbessern.

Am Anfang konnte ich mein Studium und mein Leben hier in Deutschland aus Ersparnissen finanzieren, aber es konnte so nicht ewig weitergehen. Meine Mama hatte außerdem ihren Job verloren und konnte mir daher auch nicht mehr helfen. Im 2. Semester habe ich dann einen Nebenjob gefunden. Von Oktober 2018 bis September 2019 bekam ich ein Deutschland-Stipendium, an dessen Finanzierung INTEZ beteiligt war. Das hat mir sehr geholfen, über die Runden zu kommen.

Von Juni 2019 bis einschließlich Oktober 2021 habe ich bei dem IT-Unternehmen binary in Essen als Werkstudentin in der Development-Abteilung an einer Web-Applikation gearbeitet. Ich bin meinem Chef sehr dankbar, dass er an mich geglaubt hatte und dass ich die Möglichkeit hatte, neben dem Studium auch praktische Erfahrungen im Bereich Programmierung zu sammeln. Den Kontakt zu der Firma hat Frau Jacob, die ehemalige Vorsitzende von INTEZ, hergestellt, wofür ich ihr sehr dankbar bin.

Nun ist die Ex-binary ein Teil von der Skaylink, und ich arbeite da seit November 2021 als IT-Projektmanagerin. Heute muss ich nicht mehr selbst programmieren, aber dank meiner Erfahrung in Development und meinen Kenntnissen aus dem Studium kann ich meine tagtäglichen Aufgaben mit einem besseren Verständnis erledigen. Meine Aufgaben sind sehr abwechslungsreich, sodass es nie langweilig ist. Ich betreue z. B. eines unserer Security-Produkte und arbeite im Rahmen dieses Projektes mit Kollegen, die in unterschiedlichen Ländern platziert sind. So eine internationale Ausrichtung macht natürlich viel Spaß.

Aktuell habe ich nicht vor, noch ein Master-Studium zu machen, habe erstmal genug studiert 😊. Ich habe mein Bachelor-Studium in 3 Jahren abgeschlossen, was nicht ganz so einfach war. Während des Studiums habe ich zweimal ein Deutschlandstipendium erhalten und außerdem den DAAD-Preis 2021 für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender. Ich arbeite seit einem Jahr Vollzeit und möchte mich gerne bei der Skaylink im Bereich IT-Projektmanagement weiterentwickeln.