Falschinformationen im Internet

  Achtung, Falschinformationen!

Falschinformationen im Internet sind keine Seltenheit. Aber dass sie sogar auch vom zuständigen Ministerium kommen, ist doch einigermaßen erstaunlich.

Eigentlich ist BAföG eine Förderung für deutsche Staatsbürger. Allerdings gibt es einige Fälle, in denen Du auch als Nicht-Deutscher mit BAföG gefördert wirst.

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Grundsätzlich steht BAföG nur deutschen Staatsbürgern zu. Für Ausländer gibt es Ausnahmen.

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Zuerst einmal – BAföG ist eine staatliche finanzielle ​Hilfe für deutsche Studierende und Schüler…

Studierenplus

Als Grundregel gilt: Haben Ausländerinnen und Ausländer eine Bleibeperspektive in Deutschland und sind sie gesellschaftlich integriert, gelten sie als förderberechtigt.

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

Auch wenn die Detailinformationen, die auf diesen Webseiten dann weiter unten kommen, meistens korrekt sind, so wirken doch Formulierungen, dass das BAföG grundsätzlich oder eigentlich für Deutsche eingeführt wurde und nur ausnahmsweise für Ausländer*innen in Frage komme, abschreckend und diskriminierend.

Dokumentation (screenshots)

Sozialrecht: Wohnsitz statt Staatsangehörigkeit

Nach § 68 SGB I ist das Bundesausbildungsförderungsgesetz (abgekürzt BAföG) ein besonderer Teil des Sozialgesetzbuches. Das BAföG dient nämlich der Verwirklichung von § 3 Abs. 1 SGB I:

Wer an einer Ausbildung teilnimmt, die seiner Neigung, Eignung und Leistung entspricht, hat ein Recht auf individuelle Förderung seiner Ausbildung, wenn ihm die hierfür erforderlichen Mittel nicht anderweitig zur Verfügung stehen.

Und § 30 Abs. 1 SGB I besagt:

Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

Genauso wie bei allen anderen Sozialleistungen (z.B. Kindergeld, Wohngeld, Arbeitslosengeld, Bürgergeld usw.) spielt die Staatsangehörigkeit beim BAföG keine Rolle, sondern Anspruch auf diese Leistungen haben Menschen, die rechtmäßig in Deutschland leben. Entscheidend ist also die Aufenthaltssituation: Ausgeschlossen sind diejenigen, die nur vorübergehend hier sind oder von denen angenommen wird, dass sie nur wegen der Sozialleistung nach Deutschland gekommen sind.

Das einzige Vorrecht von deutschen Staatsbürger*innen beim BAföG besteht darin, dass sie auch dann BAföG bekommen können, wenn sie lange im Ausland gelebt haben (womöglich dort geboren und aufgewachsen sind) und erst zum Studium (wieder) nach Deutschland kommen: Ihre deutsche Staatsangehörigkeit gibt ihnen das jederzeitige und uneingeschränkte Aufenthaltsrecht.

Das war schon in der Urfassung des BAföG von 1971 so. Natürlich werden „Deutsche im Sinne des Grundgesetzes“ in der Liste der Förderungsberechtigten als erste genannt. Aber Ausländer*innen waren von Anfang an nicht in der Position einer „Ausnahme“. Die Liste der zur Förderung berechtigenden Aufenthaltssituationen in § 8 des BAföG ist in dem Maße länger geworden, wie das Aufenthaltsrecht komplexer geworden ist.

BMBF: Bundesministerium für Blendung und Falschinformation

Besonders kritikwürdig ist die Wortwahl des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, das ja schließlich innnerhalb der Bundesregierung für das BAföG zuständig ist. Die Bleibeperspektive ist ein Begriff aus der Asyldebatte und bezeichnet die Wahrscheinlichkeit für Asylbewerber*innen, einen Schutzstatus zu erhalten. Maßstab ist die Schutzquote der jeweiligen Nationalität. Das hat u.a. Einfluss auf den Zugang zu Integrationskursen, hat aber nichts mit dem BAföG zu tun.

Selbst nur Geduldete können nach 15-monatigem Aufenthalt BAföG erhalten, auch wenn sie eine Staatsangehörigkeit besitzen, für die keine gute Bleibeperspektive angenommen wird. Auch einige andere Aufenthaltstitel ermöglichen erst nach 15-monatigem Aufenthalt eine Förderung nach dem BAföG. Die Ämter für Ausbildungsförderung beurteilen nicht die „Perspektive“, also die Wahrscheinlichkeit des zukünftigen Verbleibs in Deutschland, sondern sie müssen in einigen Fällen die Dauer des bisherigen Aufenthalts prüfen. In der Praxis dürfte das wenig Bedeutung haben, denn bis neu Angekommende mit Spracherwerb sowie Übersetzung und Anerkennung von Unterlagen so weit sind, dass sie ein Studium beginnen können, sind in den allermeisten Fällen mehr als 15 Monate vergangen.

Noch irreführender ist die Behauptung des Ministeriums, Ausländer*innen müssten gesellschaftlich integriert sein, um BAföG zu erhalten. Natürlich: Wer die sprachlichen Voraussetzungen zum Hochschulzugang erfüllt und alle bürokratischen Anforderungen bis zum BAföG-Antrag gemeistert hat, beweist ein hohes Maß an bereits erreichter Integration. Aber eine formelle Voraussetzung für die Bewilligung von BAföG ist das nicht. Im BAföG kommt der Begriff „Integration“ nicht vor. Es gibt überhaupt keine gesetzliche Definition von „gesellschaftlich integriert“.

Das Aufenthaltsgesetz kennt in den §§ 25 a und b zwei Typen von Aufenthaltserlaubnissen, die von „guter“ bzw. „nachhaltiger“ Integration abhängig gemacht werden. Hier geht es u.a. um

  • mehrjährige Fristen des bisherigen Aufenthalts, die vom BAföG gerade nicht verlangt werden,
  • die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts, der ja gerade nicht unabhängig vom BAföG gesichert sein kann, wenn man Anspruch auf BAföG hat,
  • sowie schließlich um die Anerkennung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.

Alles das ist nicht Voraussetzung, um BAföG zu erhalten.

Schließlich formuliert das BMBF nicht, dass Ausländerinnen und Ausländer unter den genannten – falschen – Voraussetzungen förderungsberechtigt sind, sondern dass sie als förderungsberechtigt gelten. Vor dem Hintergrund der beiden anderen kritisierten Formulierungen lässt sich hierin eine sprachliche Distanzierung von der Rechtslage erkennen.

Das BMBF ist offenbar alles andere als ein Vorkämpfer für die Integration von Zugewanderten durch Förderung ihres Studiums. Das würde erklären, warum dieses Ministerium der Umsetzung der seit 1984 gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Förderungsunschädlichkeit eines im Ausland erworbenen Abschlusses, der im Inland nicht die Aufnahme einer entsprechenden Berufstätigkeit ermöglicht, seit nunmehr fast vier Jahrzehnten Widerstand entgegensetzt.